Oslo

15. - 19. Oktober 2013

Zur Architektur-Studienreise nach Oslo hatten sich zwanzig Teilnehmer/innen angemeldet. Sie erwartete ein viertägiges reichbefrachtetes architektonisch-kulturelles Programm, umsichtig und vielfältig von Brigitte Jussel organisiert. Die mit ausgezeichneten und hochkarätigen Bauwerken gespickten Tagesprogramme wurden durch Henning Nielsen, Architect MNAL hervorragend begleitet und kommentiert.

 

15.10.2014: Zentrum Oslo – Barcode Projekt, Oper Oslo, Rathaus, Hafenfrontprojekt Aker Brygge

Unmittelbar nach Ankunft in Oslo am Dienstagmorgen - anschliessend an das Einchecken im zentrumsnahen Hotel - erkundete die Reisegruppe als erstes auf einem Rundgang das Entwicklungsgebiet am Hafen Bjøvika. Insbesondere das im Endausbau befindliche, von den norwegischen a-lab und DARK sowie dem Rotterdamer Architekturbüro MVRDV entworfene Barcode Project an der Wasserfront eröffnete auf beeindruckende Weise die Architour. Die ausserordentlichen Dimensionen der multifunktionalen Hochhauszeile – mit den lediglich 12 m breiten Abständen – sowie der anschliessende Spaziergang durch das Sørenga Wohnbauprojekt auf der gegenüberliegenden Hafenseite löste unter den Architekturinteressierten angeregte Diskussionen aus. Diese wurden beim Besuch der Oper vom norwegischen Architekturbüro Snøhetta („Schneekappe“) entworfen.  – dem zentralen Herzstück im Hafenbecken von Oslo, dem grössten norwegischen Kulturprojekt der Nachkriegszeit – weitergeführt.

Die Stadtwanderung führte über die mittelalterliche Burg Akershus, auf der Halbinsel Akersneset, direkt am Ufer des Oslofjords, zum Architekturmuseum. Der Annexbau an ein ehemaliges Bankgebäude wurde vom Architekten Sverre Fehn entworfen, dem Gewinner des Pritzker Prizes 1997.

Das Rathaus von Oslo, aus dem Jahre 1914 stammt von den Architekten Arnstein Arneberg und Markus Poulsson und ist ein monumentales Backsteingebäude mit großer historischer und symbolischer Bedeutung als repräsentatives Wahrzeichen der norwegischen Unabhängigkeit.

Die Stadtwanderung endete an der Aker Brygge – einem weiteren neu realisierten Hafenfrontprojekt, dem Tjuvholmen Icon Complex (Wohn- und Bürobauten), welches über ein grosszügiges Wegnetz, Platzanlagen und Kanäle erschlossen ist. Herausragend auf dieser Halbinsel, das von Renzo Piano Building Workshop entworfene Astrup Fearnley Museet:

 

16.10.2014: Peripherie von Oslo - Flughafen Fornebu, Sprungschanze Holmenkollen, Piletstredet Park

Am Mittwoch begab sich die Reisegruppe auf eine Besichtigungstour per Bus ausserhalb des Stadtzentrums auf das Gelände des seit 1998 ausser Betrieb gesetzten Flughafens Fornebu. Das auf einer Halbinsel gelegen Areal riesigen Ausmasses entstehen seither Wohnsiedlungen mit über 5‘000 Wohnungen sowie Industrie- und Gewerbekomplexe für über 20‘000 neue Arbeitsplätze der Informationstechnologie und Telekommunikation.  

In unmittelbarer Nachbarschaft schaffte das norwegische Architekturbüro Snøhetta mit dem Sandvika Kulturzentrum (2003) und dem Opernhaus (2008) den endgültigen Durchbruch in die Architektur-Weltliga.

Auf der Weiterfahrt stand der Besuch der vom Architekten Julien de Smedt für die WM 2011 erneuerte Holmenkollen Sprungschanze auf dem Programm. Der Weg hinunter in das Stadtgebiet führte am Meteorologischen Institut der Architekten Pir II vorbei zum grössten Kindergarten von Oslo, für 500 Kinder, in einer ehemaligen Margarinefabrikanlage aus den 1920er Jahren, konzipiert von den Architekten NAV und den Landschaftsarchitekten hp.

Auf dem abschliessenden Spaziergang durchquerte das Piletstredet Park Wohnprojekt, dem grossen Areal des ehemaligen National Hospitals zwischen Burg und St. Hans Haugen, auf dem seit einem Jahrzehnt neu gebaute und umgenutzte Aufenthalts- und Servicebereiche mit insgesamt 1380 Wohnungen und 52‘000 m² Gewerbefläche entstanden.

 

17.10.2014: Hamar und Umgebung

Am Donnerstag stand die Reise nach Hamar auf dem Programm. Auf der Hinfahrt, ein erster Zwischenhalt in Oslo-Ost, im Bjørnholt Gymnasium, entworfen von NSW Architekten. Diese liegt in Oslos multikulturell geprägtem Stadtteil Nordstrand und ist ein großer Schulkomplex für mehr als 1000 Schüler.

In unmittelbarer Nachbarschaft zur Mittelschule ein erneuter kurzer Halt zur Besichtigung der Mortensrud Kirche der Architekten Jensen & Skodvin. Versteckt zwischen Kiefern befindet sie sich auf einem schmalen Bergrücken die protestantische Kirche für 550 Gläubige.

Unterwegs auf der Fahrt entlang des grössten Binnensees Norwegens, dem langgezogenen Mjøsa-See, erwartet die Reisegruppe der Besuch eines weiteren norwegischen Pionierschulprojektes. Die Gjerdrum Schule, entworfen von Kristin Jarmund, wurde nach einem wabenartigen Konzept in vier Bereiche aufgeteilt. Sie bietet Platz für 320 Schüler. In dieser preisgekrönten Schule wurden die verschiedenen Zonen radial organisiert, um eine kompakte Anordnung zu erreichen und eine innere Landschaft zu schaffen, die Verbundenheit und Dialog fördert. Die gewagte Farbwahl in Innen- und Außenräumen gibt dem Gebäude eine starke Identität.

Die norwegische Stadt Hamar zählt gegen 30‘000 Einwohner und ist Verwaltungszentrum der Provinz Hedmark. Sie liegt am Ostufer des Mjøsa-Sees, etwa 130 Kilometer nördlich von Oslo. Ziel der Reise war der Besuch des Hedmarksmuseet und der Domkirkeodden. Das Hedmark Museum gewährt einen Einblick in die Geschichte Norwegens, von der Wikingerzeit über das Mittelalter bis in die Gegenwart. Die architektonischen Hauptattraktionen sind die Ruinen der einst prächtigen mittelalterlichen Kathedrale, die durch eine imposante Glashallenkonstruktion der Architekten Lund & Slaatto überdeckt und damit vor der Witterung geschützt wird. Auf demselben Gelände befinden sich das Freilichtmuseum Storhamarlåven, mit mehr als 60 Häusern und Hofgebäuden aus der Region Hedmark, Dauerausstellungen sowie ein Kräutergarten. Die Gesamtanlage, wird durch kräftige räumliche Eingriffe und eigenständigen Pavillon-Schutzbauten von Architekt Sverre Fehn architektonisch geprägt.

Nach einem Zwischenhalt im Stadtzentrum Hamars und einem Besuch des von Architekt Anderssen+promotion 2003 erweiterten Kunst-Bank-Ausstellungsgebäudes stand die Besichtigung des Rathauses mit der Stadthalle, Baujahr 2006, des international renommierten und preisgekrönten Architekturbüros Snøhetta auf dem Programm.

Auf der Rückreise ein abendlicher Aufenthalt im belebten Lørenskog-Kulturzentrum. Lørenskog grenzt östlich an Oslo, umfasst einzelne Landgemeinden und zählt etwa 35‘000 Einwohner. Es handelt sich um einen von der Architektengruppe L2 und die Østengen & Bergo AS landscape architects geplanten und 2011 eröffneten Gebäudekomplex mit umfassenden Zentrumsfunktionen und extremer Nutzungsdurchmischung. Ein Einkaufszentrum, ein Theater-Konzertsaal, ein Kino, eine Bibliothek und eine Kunstgallerie sind in einem auf den Innenhof ausgerichteten und vollverglasten Gebäude bogenförmig um den central square geschwungen.

 

18.10.2014: Oslo Nord – Quartier Nydalen

Am Freitagmorgen ist die Reisegruppe schon früh mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in das Nordquartier von Oslo, nach Nydalen unterwegs. Seit dem späten 19. Jahrhundert ist Nydalen ein weitgehend industriell geprägter Stadtteil. Beginnend in den 1990er Jahren, ist ein kontinuierlicher Umbruch der ehemaligen Stahlindustrie entlang des Akerselva Flusses im Gange. So entstand nach und nach eine Durchmischung aus “service-ingeneering”&“soft-industrie”-Unternehmen und Wohnungsbauten. Im Jahre 2003 schloss die neue U-Bahnstation “Nydalen” der Architektin Kristin Jarmund den neuen Stadtteil ans Metronetz an. Der gegenüberliegende Norwegian Business School Campus wurde 2005 eröffnet. Der vom Architekten Niels Torp entworfene, grossmassstäbliche Hochschulkomplex wurde für 8’000 Studierende eingerichtet und beherbergt in den durch die grosszügige, lichtdurchflutete Innenhalle sämtliche für den Lehrbetrieb notwendigen Räumlichkeiten.

Entlang des 8 km langen, für die ehemalige Industrienutzung gestalteten Flusslaufes, zwischen dem See Maridalsvannet und seiner Mündung in den Fjord bei der Oper entwickelte sich ein “Industrie-Kultur-Lehrpfad” erster Güte. Der Fluss mit Höhendifferenz zwischen Binnensee und Fjord, einstmals zur Energiegewinnung genutzt, durchschlängelt nun den Parkgürtel mit lauschigen Platzanlagen. Kulturelle Begegnungsstätten in ehemaligen Fabrikgebäuden und neuen Wohnanlagen flankieren den lauschigen Akerselva Flusslauf. Mitten drin, die norwegische Kunsthochschule und die Architektur- & Designhochschule Oslo AHO für über 600 Studierende. Die Architekten Jarmund & Vigsnaes gestalteten in den zweigeschossigen ehemaligen Industriegebäuden ein stimmungsvolles Ambiente. In unmittelbarer Nachbarschaft überragt das Kornsilo, von Architektin Kirstin Jarmund zum “Studentenwohnsilo” um funktionniert wurde. Das DogA, das norwegische Zentrum für Design und Architektur ist seit 2004 in einer alten Backstein-Transformatorstation einquartiert – Treffpunkt und Ausstellungsarena für Design, Architektur sowie andere verknüpfte Fachgebiete. Der mit dem staatlichen Baukunstpreis ausgezeichnete Umbau wurde von den Architekten Jensen & Skodin konzipiert.

Gyldendal ist der größte Verlag in Norwegen. Der Verlag belegt mit einer ganzen Anzahl von Einzelgebäuden einen ganzen Quartierblock im Zentrum Oslo‘s. Die für die Bedürfnisse eines modernen Verlagshauses unpraktische Baustruktur führte zu einem umfassenden Umbauauftrag an den Architekten Sverre Fehn. Unter Beibehaltung der ursprünglichen Fassaden wurde eine völlig neukonzipierte Innenraumstruktur eingefügt. Ein grosszügiger Innenhof beinhaltet das "Danish Haus", eine Kopie der ursprünglichen Räumlichkeiten der dänischen Muttergesellschaft in Kopenhagen. Dieser städtisch wirkende Innenhof, dem Herzstück des Gebäudes, umgeben mit freigestellten zylindrischen Säulen, einer hohen Decke und einer Reihe von skulpturalen Formen, den Materialien Leichtbeton, Eiche und dunklen Textilien betonen die großzügigen räumlichen Abmessungen, für den Austausch von Erfahrungen, Ideen und Informationen sowie für die Organisation wichtigen kulturellen Veranstaltungen. Das Dach über dem Innenhof besteht aus 18 pyramidenförmigen Betondachfenstern unterschiedlicher Grösse, welche in hohe Betonrippen eingesetzt sind. Diese verbreiten das natürliche Licht in den Lichthof, so dass das Spiel von Licht der verschiedenen Jahreszeiten und der Tageszeit gespiegelt wird. Das »neue« Gyldendal Haus wurde Ende 2007 bezogen.

Mit diesem architektonischen Leckerbissen schloss das offizielle Besichtigungsprogramm.

Der architektonisch-kulinarische Abschluss der Studienreise fand im Restaurant Ekeberg statt. Das Gebäude wurde 1916 zunächst als Tabakfabrik gebaut.1927 gewann der Osloer Architekt Lars Backer eine Ausschreibung und erhielt den Auftrag, das Ekeberg Restaurant zu planen und zu bauen. Er verband dabei traditionelle, klassische Elemente mit modernen und futuristischen. 

REISEBERICHT Alfred Kölliker, Arch HTL/SWB

 

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