Finnland / St.Petersburg

26. April - 01. Mai 2009

Finnland - Der Grundstein für die Entwicklung der finnischen Architektur wurde 1879 gelegt, als die polytechnische Hochschule in Helsinki in Polytechnisches Institut umbenannt wurde (ab 1908 Technische Hochschule). Im Rahmen dieser Neustrukturierung entstand Finnlands erste akademische Ausbildungsstätte für Architekten. Bemerkenswert dabei war, dass von Anfang an auch Frauen zugelassen waren, was für die damalige Zeit sehr ungewöhnlich war. Im Mai 1897 brachte das Institut die ersten namhaften Architekten hervor: Das Trio Hermann Gesellius, Armas Lindgren und Eliel Saarinen. Während sich das Trio nach einigen Erfolgen schon 1904 auflöste, setzte Saarinen sein Werk erfolgreich fort, er baute das Nationalmuseum und den Hauptbahnhof in Helsinki. Diese Bauten sind der nationalromantischen Periode zuzurechnen. Die Zwischenkriegsgeneration orientierte sich am nordischen Klassizismus und dem Funktionalismus, u.a. Paul E. Blomstedt und Viljo Revell. Die populärsten Vertreter dieser Generation aber waren Aino und Alvar Aalto, die durch ihre eigenständige Formensprache nicht nur internationale Anerkennung erlangten, sondern auch wesentlich zur kulturellen Selbstfindung und Vergangenheitsbewältigung Finnlands beitrugen. Diese Identitätsfindung dauerte mehr als zwei Jahrzehnte. Erst die Architektengeneration der 1960er und -70er Jahre, darunter Aarno Ruusuvuori, Heikki Siren und Juha Leiviskä konnten durch eigenständige Arbeiten aus dem Schatten von Aalto`s Werk treten. Für die heutige Generation junger Architekten spielen diese Zusammenhänge kaum mehr eine zentrale Rolle. Weiterhin wird jedoch die Frage nach einem „finnischen Stil“ gestellt und diskutiert. Dieser zeigt sich vor allem in sehr genauen Formfindungsprozessen. Die Lehre der Moderne, die an der Technischen Hochschule in Helsinki zu Hause war, lies dabei aber kaum Platz für postmodernes Gedankengut. Das Wesen der finnischen Architektur wird also massgeblich von eigenständigen Künstlerpersönlichkeiten bestimmt, die internationale Trends in ihrer Architektur konkretisieren, sich aber auch gegenseitig kritisieren und respektieren. Eine der Hauptcharakteristika der finnischen Architektur war und ist die „Tradition der Moderne“. Dennoch sind die Strömungen in Finnland vielfältig. Zur Zeit geht der Trend in Richtung Archaische Architektur mit einfachen grundlegenden Gedanken über den Raum, die zu sehr abstrakten Gebäuden führen. Die daraus resultierende Harmonie lässt Form und Funktion oft fast untrennbar miteinander verwachsen. Die Architektur als minimalistisch zu bezeichnen, ist jedoch nicht korrekt.

St. Peterburg entdeckt seine Bauten der klassischen Moderne - in Russland als „Konstruktivismus“ ein Begriff – wieder. Fuer viele von ihnen koennte diese Wiederentdeckung allerdings zu spaet kommen. Allzu lange hatte sich St. Petersburg nur als Stadt der Zarenpalaeste, Museen und Kanaele vermarktet und versucht, die schwierige Epoche, in der St. Petersburg Leningrad war (1924 – 1991), vergessen zu machen. Dabei war gerade Leningrad die Stadt des revolutionaeren architektonischen Aufbruchs. Tatlins beruehmtes Modell des Turms der III. Internationale entstand in den Werkstaetten der Akademie der Kuenste, Erich Mendelsohn realisierte seine Trikotagenfabrik in Leningrad, und rings um die historische Altstadt entstanden experimentelle Arbeiterklubs, Schulen, Krankenhaeuser und Wohnanlagen. Der Leningrader Funktionalismus blieb dabei stets puristischer als der Funktionalismus Moskaus oder jener anderer sowjetischer Staedte. Vermutlich war dies dem gewollten Kontrast zur Masse der historischen und historisierenden Architektur der Altstadt geschuldet. Leningrads avantgardistische Architekten hatten die Architektur St. Petersburgs, das zumindest baulich in sowjetischer Zeit nahezu unangetastet blieb, immer vor Augen. Gerade dieses alte St. Petersburg, die groesste zusammenhaengende und original erhaltene historische Altstadt Europas, wird derzeit Schritt fuer Schritt wieder zu einer der mondaenen Metropolen des Neuen Russland und Europas. Noch stehen die Bauten des Funktionalismus dabei allerdings im Schatten, noch immer sieht die Moderne in St. Petersburg alt aus. (Text: Arch. Peter Knoch)